Philipp Rumsch Ensemble
Album-Release »µ: of anxiety x discernment«
Draußen, nachts im winternackten Wald – jeder Atemzug einer, der die Umgebung unerwartet laut aufwühlt. Lärmend peitscht gefrorener Matsch an die klappernde Fahrradkette, Reiher schrecken in den Wipfeln auf und auch ihr Flügelschlag nährt, was im Dunkel ausharrt und uns erwartet. Angst. Diesem Gefühl unbestimmter innerer Enge widmet sich der 1994 geborene Pianist, Sound Designer und Komponist Philipp Rumsch auf seinem dritten Denovali-Release »µ: of anxiety x discernment«. Basierend auf Recherchen, Beobachtungen und selbstgeführten Interviews entwirft er mit seinem Ensemble ein multiperspektivisches Bild dieses Gefühlskomplexes. Rumsch möchte dabei fort vom individuellen Erleben der Angst, hin zur kollektiven Wahrnehmung dieses Phänomens. Das Ensemble, gegründet ausgehend von der Idee, die Klangsprachen von Ambient, Minimal Music und Avant-Pop in ein orchestrales Format zu übertragen, besteht aus Musiker*innen aus Leipzig, Berlin, Dresden und Weimar.
In Zeiten, in welchen uns jenes einsame Herzklopfen, ausgelöst vom Vielleicht-Verborgenen im finsteren Geäst, nahezu wie ein romantisches Relikt vergangener Tage erscheint, wurde das Album nun veröffentlicht. Im Dunklen haben wir draußen derzeit ohnehin wenig zu tun, mit den finsteren Staubschatten hinter unseren Regalen haben wir uns längst abgefunden. Existenziellere Bedrängnisse umlagern uns. Zugegebenermaßen kein schlechter Moment für ein erstmaliges Hören von »µ: of anxiety x discernment«. Widmen sich die Stücke a1 bis a5 den Auswüchsen und Beschreibungen der Angst, mehrt sich in d5 bis d1 die Einsicht. Von einem mehrstimmigen Flüstern in die abschließende Stille getragen: „confidence is formed“. Dazwischen: Atmosphärische Klangflächen, gemeinsame Improvisationen jenseits klassischer Improvisationsstrukturen, zeitweilig verzerrt gebrochen, stark klingende Stimmen. Letzteres besonders eindrücklich in a4. Aus dem Gewirr der Vielen, brechen sich einzelne Sätze und Wörter bahn – „the sense of time has darkened“ – und verbinden sich mit dem Pochen des eigenen Herzens, welches in den ruhigeren Momenten, gebannt unter Kopfhörern, angetrieben vom Gehörten mitzumischen gedenkt. Dieser Art wird die neue Platte des Philipp Rumsch Ensembles gar zu einem ganzkörperlichen Erlebnis. An vielen Stellen empfiehlt sich nach oder während des Hörens ein Blick in das umfangreiche Booklet der Platte. Dort finden sich die Texte zu allen Stücken. In den kommenden Wochen wird Philipp Rumsch zudem in Blogbeiträgen auf seiner Homepage Lyrics posten und Hintergründe vermitteln.
Letztmals erlebten wir das Ensemble 2018 während der 42. Leipziger Jazztage anlässlich Rumschs Auszeichnung mit dem Leipziger Jazznachwuchspreis im UT Connewitz. Das für den 26. März geplante Konzert am selbigen Ort mussten wir leider aufgrund der aktuellen Situation veschieben. 2021 wagen wir einen neuen Anlauf.
Und jetzt? Herzklopfen? Natürlich! Aus Vorfreude auf neue Einsichten und neue Musik des Philipp Rumsch Ensembles.
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