Let’s talk about Jazz… und Orwell
Gespenstisch leere Straßen, Verlust individueller Freiheiten und klassische Sündenbockpolitiken: Die Rede ist nicht von einem neuen, mittelmäßigen Dystopie-Blockbuster, der sich zum x-ten Mal erfolglos an einer inspirierenden Orwell-Adaption versucht – sondern von den Anfangstagen der Corona-Pandemie, die sich dieser Tage zum fünften Mal jähren, und damit eine erneute mediale und künstlerische Rekapitulation nach sich ziehen.

Just in jener Zeit der gesellschaftlichen Unsicherheit begab sich der junge Leipziger Regisseur Sebastian Lautenbach auf Spurensuche in der Leipziger Jazzszene. Im Gepäck hatte er Neugierde, Geduld, und ein ganzes Bündel an Fragen: Wer macht heute Jazz, wovon träumen diese Leute und mit welchen Herausforderungen sind sie konfrontiert? Dabei traf er mit Werner Neumann, Kezia Christy und Robert Lucaciu auf drei Musiker:innen, die sich nicht nur in puncto generationaler Zugehörigkeit, sondern auch in ihrer musikalischen Ausrichtung unterscheiden. Über längere Zeit begleitete er die Drei in ihrem Alltag und bildete aus dem vorhandenen Material schließlich Stück für Stück ein Filmmosaik. Nun, am 10. April, feiert der Film im Rahmen unserer Jazzclub-Live-Reihe seine Premiere in der Kinobar Prager Frühling.
Doch kommen wir von unseren cineastischen zu unseren konzertanten Programmpunkten: Denn im April präsentieren wir nicht nur Film, sondern auch PHILM. Das ist ein Berliner Quartett um den Saxofon-spielenden Bandleader Philipp Gropper, das mitsamt seiner dichten, mal ruhelos und mal schwebenden Klangkaskaden ein perfektes Ebenbild der widersprüchlichen Spätmoderne zeichnet. Weitere Tipps und Termine findet ihr auf den kommenden Seiten: Darunter befindet sich ein neues Theaterstück über »Europe’s First Lady in Jazz«, Jutta Hipp, sowie eine wärmste Empfehlung für eine Reise in den kühlen Norden: Denn dort, genauer gesagt in Bremen, findet auch in diesem Jahr wieder die renommierte jazzahead! statt.
Und natürlich haben wir auch dieses Mal wieder ein Album des Monats erkoren. Welches, das verraten wir hier selbstredend nicht. Nur so viel: Das Album legt in der Tradition Orwell’scher Wahrheitsauslegung nahe, dass Weilheim und Chicago neuerdings in Sachsen liegen. Glaubt ihr nicht? Dann lest selbst!
Bis bald,
Luca
Jazzkalender-Redaktion