Let’s talk about Jazz… und Interaktion
Viel wird in der Musik- und Kulturbranche über das geredet, was auf der Bühne passiert. Das ist schön und auch gut. Doch sollte man dabei nicht außer Acht lassen, dass dies nur eine Seite der Medaille ist. Denn Kultur ist keine Einbahnstraße, sie lebt von Interaktion und Partizipation. Was mit ihr passiert, wenn das Publikum und damit der Resonanzraum entfällt, haben die Streamingkonzerte in der Pandemiezeit unter Beweis gestellt: Sie verliert ihren Glanz, und verpufft mitunter.
Insofern ist die Frage, wer in einem Konzertsaal sendet und empfängt, gar nicht so eindeutig zu beantworten. Der Act auf der Bühne sendet Musik, empfängt aber gleichzeitig Resonanz aus dem Publikumsraum, die ihn erst zu musikalischen Höchstleistungen treibt. Das Publikum wiederum sendet seine Eindrücke, Assoziationen und Emotionen in die weite Welt und trägt dadurch explizit zu einem Austausch von Kunst und sozialem Raum bei.
Von daher ist es kein Zufall, dass die 48. Leipziger Jazztage in diesem Jahr unter dem Motto »Tell Me…!« stehen. Denn tatsächlich geht es im Bereich der Kultur auch um Erzählungen – um das Weiterspinnen von Ideen, die auch mal widersprüchlich, provokativ, spleenig, fantastisch, assoziativ oder eigensinnig sein dürfen. Denn erst so werden Kunst und Kultur zu einem Spiegelbild der Vielen.
Wer bereits einen Blick auf das diesjährige Line-Up der Jazztage geworfen hat, wird festgestellt haben, dass diese Multiperspektivität auch in diesem Jahr im Vordergrund steht. Auf eindrucksvolle Weise unterstreicht das bereits der Eröffnungsabend am 19. Oktober in der Oper, wo der 80-jährige Altmeister Joachim Kühn auf seinen 34 Jahre jüngeren Kollegen Michael Wollny treffen wird, bevor die dreifache Grammy-Gewinnerin Cécile McLorin Salvant mit ihrem Auftritt die europäische um eine US-amerikanische Jazzperspektive ergänzen wird. Dass dieser denkwürdige Abend noch lange Gegenstand angeregter Gespräche sein wird, garantiert nicht bloß ein voller Konzertsaal in der Oper, sondern auch die Tatsache, dass ARTE das Konzert von Wollny & Kühn live übertragen wird.
Um darüber hinaus zu einem Brückenschlag zwischen dem etablierten Fachpublikum und dem journalistischen Nachwuchs beizutragen, haben wir uns entschieden, in diesem Jahr wieder eine Medienwerkstatt für Nachwuchsjournalist*innen zu veranstalten. Dabei werden Jazz-Nerds auf Jazz-Newbies treffen, um die Diskurse der Gegenwart in die Zukunft weiterzuspinnen. Gemeinsam werden sie Konzerte der Jazztage besuchen, Festival-Acts interviewen, Radio- und Podcastbeiträge produzieren und Texte für unseren Festivalblog schreiben. In diesem Sinne: Frohes lesen, hören, schauen – und diskutieren!
Bis bald,
Luca
Jazzkalender-Redaktion