Buch zum Jubiläum
»Flamingos und andere Paradiesvögel – 40 Jahre Leipziger Jazztage«
368 Seiten, durchgehend farbig und bebildert, Preis: 39 Euro zzgl. Versand
Bestellungen bitte per E-Mail an flamingo[ät]jazzclub-leipzig.de
Mit Textbeiträgen von Bert Noglik, Stefan Heilig, Heinz-Jürgen Lindner, Wolf Kampmann, Ulrich Steinmetzger, Peter Korfmacher, Andreas Kolb, Detlef A. Ott, Robert Mießner, Ketil Bjørnstad, Rolf Kühn, Joachim Kühn, Baby Sommer, Nils Wogram, Wolfram Dix, Erika Stucky … und Fotografien von Matthias Hildebrand, Arne Reimer, Susann Jehnichen, Andreas Liebich u.a.
Heiner Müller sitzt an seinem Schreibtisch, er liest: „Ich stehe zwischen Männern, die mir unbekannt sind, in einem alten Fahrstuhl mit während des Aufstiegs klappernden Metallgestängen.“ Metallgestänge klappern tatsächlich ein wenig, sie halten das riesige Zirkuszelt zusammen, in dem Müllers Schreibtisch steht. Zirkuszelt? Doch weiter: Der gelesene Text wird mehr und mehr zu Musik, deutsche Passagen, dann englische, mehrstimmig gesprochen, Gitarrenwände erstehen, Saxophon und Posaune heulen auf, Schlagzeug und Bass verstärken den Rhythmus, Klavier und Synthesizer die Melodien. Zweitausend Menschen sitzen im Zelt des Zirkus Busch, es ist 1988 und die 13. Leipziger Jazztage sind gerettet.
Fragt man heute, unmittelbar vor den 40. Leipziger Jazztagen, langjährige BesucherInnen nach ihren Erinnerungen aus den letzten vierzig Festivaljahren, geraten viele ins Schwärmen über eben jenen 22. September 1988, als Heiner Goebbels’ »Der Mann im Fahrstuhl« in Leipzig erklang. Das einzigartige Projekt steht wie kaum ein anderes für die so bunte Geschichte dieses Festivals: Nachdem die Jazztage fast abgesagt werden mussten, weil der eigentliche Hauptspielort, die Kongreßhalle am Zoo, kurzfristig gesperrt wurde, brauchte es auch in der Vorbereitung des Festivals jenen Mut und jene Kreativität, die den Jazz auf der Bühne seit über 100 Jahren prägen. Die Leipziger Jazztage zogen ins Zirkuszelt, später ins Opernhaus und in Szeneclubs. Zwischen Sub- und Hochkultur etablierten sie Leipzig bis heute als einen der wichtigsten Jazzorte Deutschlands und tragen entscheidend zur Strahlkraft der Musikstadt Leipzig bei.
Anlässlich der 40. Leipziger Jazztage veröffentlicht der Jazzclub Leipzig als Veranstalter des Festivals am 29. September 2016 das Buch »Flamingos und andere Paradiesvögel«. Auf 368 Seiten werden darin zahlreiche Geschichten rund um die Leipziger Jazztage aufleben, von persönlichen Erinnerungen und Anekdoten bis hin zu Fragen wie: Welche Rolle spiel(t)en die Leipziger Jazztage in der kulturellen Landschaft der Stadt Leipzig? Wie konnte das Festival mit den politischen und wirtschaftlichen Veränderungen nach 1989 weitergeführt und neu aufgestellt werden? Und wie steht das Festival heute da? Es erzählen aus den verschiedensten Perspektiven MusikerInnen wie Rolf Kühn, Baby Sommer, Ketil Bjørnstad, Nils Wogram und Erika Stucky sowie Verantwortliche des Jazzclubs, BesucherInnen und JournalistInnen wie Wolf Kampmann und Peter Korfmacher, die seit vielen Jahren das Festival begleiten. Genau wie deren Texte sind auch die zahlreichen Fotos und Abbildungen von Plakaten, Programmen u.v.m. bisher unveröffentlicht. So entsteht erstmals ein Kaleidoskop des bedeutendsten Jazzfestivals in den Neuen Bundesländern, das schon vor 1989 internationaler Treffpunkt war und das heute wie kaum ein anderes Jazzfestival in Deutschland auch ein jüngeres Publikum erreicht.
Das Buch führt darüber hinaus alle Spielpläne, Bands und einzelnen MusikerInnen des Festivals von 1976 bis 2016. Zudem gibt Jazzexperte Detlef A. Ott erstmals einen ausführlichen Überblick über das mannigfaltige Jazzgeschehen in Leipzig schon ab 1920. Auch damit zeigt sich, dass es in »Flamingos und andere Paradiesvögel« und bei den Leipziger Jazztagen nicht nur um ein Festival oder um ein Musikgenre geht, sondern immer auch um die besondere Geisteshaltung, die sich mit Jazz verbindet, es geht um Freigeister und das Auflehnen gegen bestehende Konventionen, aber auch um Toleranz und Dialoge über Grenzen hinweg.
Jazz und Leipzig sind quasi eine Einheit.
Deutschlandradio Kultur